Mittwoch, 22. Januar 2020

TV-Tipp: arte-Reportage Iran -Wem die Sanktionen schaden-

Selten haben sich zwischen Dreh und Ausstrahlung die Verhältnisse so stark verändert wie bei meiner jüngsten Kameraarbeit in Teheran. Während unserer Dreharbeiten im Dezember war die Lage in Teheran ruhig, und wir konnten unseren (offiziell genehmigten) Drehplan relativ unbehelligt abarbeiten. Das einzig wirkliche Problem, das wir hatten, war, dass sobald die Fragen sich nicht auf die US-Sanktionen direkt, sondern auf die aktuelle Lage im Land bezogen, die meisten Protagonisten nur noch sehr vage oder gar nicht mehr antworten wollten. Nach der Ermordung des iranischen Generals Soleimani durch die USA und dem versehentlichen Abschuss eines ukrainischen Verkehrsflugzeugs durch die iranische Luftwaffe ist jetzt die Lage im Iran dagegen extrem explosiv, und die Menschen demonstrieren öffentlich gegen die politische Führung. 

Die US-Sanktionen von 2018 haben den Iran hart getroffen. Wer darüber mit betroffenen Unternehmen im Iran sprechen will, der stößt auf eine Mauer des Schweigens. Nach vielen Absagen hatte nur einer den Mut zu reden: 



Alireza Rahimizadeh, ein deutsch-iranischer Unternehmer. Alireza handelte vor kurzem noch mit Straßenbaumaschinen aus Deutschland. Doch seit den neuen US-Sanktionen liefert die deutsche Seite keine Ersatzteile mehr. Er kann deshalb seine Gewährleistungspflichten nicht mehr erfüllen. Fast 50 Angestellte hatte die Firma einmal, heute sind es nur noch 15. Alireza muss seine Firma in den nächsten Monaten wohl schließen. Seine wichtigste Angestellte, Leila, will auch deshalb so bald wie möglich nach Deutschland auswandern - so wie viele junge und gut ausgebildeten Iraner angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von 30 Prozent und einer Inflation im Dezember von über 30 Prozent. 


Allein diese innenpolitischen Bedingungen hatten den Iran schon spätestens seit dem Sommer zum Pulverfass werden lassen. Im November kam es bereits zu den größten Protesten seit der Revolution. Nach sechs Tagen hatte die Revolutionsgarde die Revolte niedergeschlagen. Laut Amnesty International wurden mehr als 300 Menschen getötet und Tausende verhaftet. Im Februar wählen die Iraner ein neues Parlament. Wie wird die Wut im Land das Wahlergebnis beeinflussen?


arte, 25. Januar 2020, 17:15 Uhr